1959: Jost Bernhardt – ein Leben für die Sicherheit auf See

Jost Bernhardt

Mit Sonderberichten informierte der Rundfunk in den Tagen nach dem 21. September 1957 seine Hörer. Der Grund: Ganz Deutschland zitterte um die Besatzung des Schulschiffes „Pamir“, das vor den Azoren in einem Hurrikan gesunken war. Ein Mann aus Hamburg verfolgte die Berichterstattung besonders aufmerksam. Sein Name: Jost Bernhardt.

Denn der Junior-Chef der Firma Ingenieur Karl Bernhardt Apparatebau, einem Hersteller von Helmtaucherausrüstungen, hatte nach Kriegsende auch das Geschäftsfeld Rettungstechnik als sinnvolle Aufgabe für sein Unternehmen entdeckt. Zunächst handelte er mit Rettungswesten aus Kriegsmarine-Beständen (ab 1951). Zu den größten Kunden gehörte der dänische Kapitän F. Christensen, der den Auftrag hatte, die Marine des Landes mit Rettungsmitteln auszustatten. Als keine Westen aus Altbeständen mehr aufzutreiben waren, die Nachfrage jedoch anhielt, musste eine eigene Produktion angekurbelt werden.

 

Die Tragödie der PAMIR gab entscheidenden Antrieb

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Von Beginn an im Jahre 1956 setzte Jost Bernhardt dabei auf eine fundierte Grundlagenforschung – als Erster in diesem Bereich. Die „Pamir“-Tragödie bestärkte ihn in seinem Vorhaben und gab entscheidenden Antrieb. Bernhardt beschaffte sicher daher alle Rettungsmittel, die er nur bekommen konnte. Im Schwimmbad Thedestraße in Hamburg-Altona wurden sie systematisch getestet, die Ergebnisse per Foto dokumentiert, Vor- und Nachteile aufgelistet.

Seine Erkenntnisse zur Schwimmphysik fasste er 1958/59 akribisch genau und schwimmphysikalisch abgesichert in Beiträgen für Fachzeitschriften zusammen. Die Artikel „Zur Problematik der Schwimmweste“ und „Der Mensch im Medium Wasser“ setzten Maßstäbe. So führte Bernhardt den Begriff „Ohnmachtssicherheit“ ein. Er beschreibt, dass Rettungswesten so beschaffen sein müssen, dass sie selbst solche Benutzer in eine sichere Lage bringen oder halten, die erschöpft oder nicht bei Bewusstsein sind und dementsprechend nicht durch Bewegungen unterstützend eingreifen können.

Im Rahmen dieser Arbeit entdeckte er einen mit Druckluft füllbaren Schwimmkörper. Dieser gehörte zu der Fortentwicklung einer Schwimmweste der Deutschen Marine während des zweiten Weltkriegs. Daraus entstand die erste aufblasbare Schwimmweste.


Gründing der Firma Bernhardt Apparatebau GmbH u. Co.

Im Mai 1961 gründete Jost Bernhardt die Firma „Bernhardt Apparatebau GmbH u. Co.“ aus der Stammfirma „Ing. Karl Bernhardt Apparatebau“. Als Partner stieg zunächst der Bergungsunternehmer Ulrich Harms ein, der 1972 ausschied. Das Unternehmen, in einem Gebäude an den Vorsetzen im Schatten des Hamburger Michel ansässig, spezialisierte sich auf die Entwicklung und Produktion von Rettungswesten. Die Produkte wurden unter dem Markennamen SECUMAR vertrieben, was sich aus dem Lateinischen „securitas in mare“ – „Sicherheit im Meer“ ableitet.

Seitdem arbeitete Bernhardt kontinuierlich daran, die Produkte seines Unternehmens zu verbessern. Das geschah nicht allein durch weitere eigene Forschungen, er suchte zudem Kontakt zu anderen Experten, um deren Erkenntnisse mit aufzunehmen. Kapitän zur See Gerhard Junack. Der Mann, der zur Crew des Schlachtschiffes „Bismarck“ gehörte und die Selbstversenkung des Schiffes überlebte, diente auch in der Bundesmarine an verantwortlicher Stelle. Als Gründer und Chef der Schiffssicherungslehrgruppe in Neustadt hatte er erheblichen Anteil an der Neukonstruktion und Standardisierung des Rettungsgerätes – das trug ihm infolgedessen die Bezeichnung „Vater der Schiffssicherheit“ ein.

Und die Bundesmarine vertraute auf Jost Bernhardts Produkte. Im Jahre 1964 begann die Ausrüstung der Truppe mit der Rettungsweste MRS 3. Sie war ebenso von Jost Bernhardt konzipiert wie andere. Viele Ideen ließ er sich patentieren, mit zahlreichen Preisen wurden SECUMAR-Produkte ausgezeichnet. Einige der unter seiner Mitwirkung entstandenen Rettungswesten verkauften sich über eine Million Mal.

Jost Bernhardt war immer darauf bedacht, dass sein ständig wachsendes Wissen um Sicherheit auf See auch eine möglichst weite Verbreitung fand. Er ließ Filme produzieren, präsentierte Informationen auf Messen, hielt Diavorträge bei Segelvereinen, in Behörden, bei Verbänden, auf Kongressen.

 

Jost Bernhardts Erbe

1993 starb Jost Bernhardt im Alter von 70 Jahren. Aber sein Gedankengut und seine Maximen gelten uneingeschränkt weiter. Das nunmehr von seinem Sohn Jan-Ulrich Bernhardt und seinem Enkel Benjamin Bernhardt geführte Unternehmen, legt nach wie vor größten Wert auf eigene Forschung und Entwicklung. Diverse seither entstandene SECUMAR-Innovationen haben den Sicherheitsstandard erhöht und in der Schifffahrt allgemeine Akzeptanz gefunden.

Und viele Berufs- und Freizeitschiffer sind nur am Leben, weil ein Mann bei Radioberichten über die „Pamir“ sehr, sehr genau zuhörte.